“Lux Aurumque” Adventskonzert Tutzing und Herrsching

Christuskirche Tutzing, Samstag, 03.12.2022, 16:00 h
St. Nikolaus Herrsching, Samstag, 03.12.2022, 20:00 h
Eintritt frei, Spenden erbeten


Weitere Konzerte
Apostelkirche Miesbach, Sonntag, 4. Dezember 2022, 16:00 h

Amadeus-Chor Neuendettelsau
Leitung: Benedikt Haag
Harfe: Marianne Erhard

PROGRAMM

Ola Gjeilo: Northern lights
Johann Eccard: Nun komm der Heiden Heiland
Vytautas Miškinis: O nata lux
Harfe: Katrin Unterlercher: Repeatet wonder
Vytautas Miškinis: Cum ortus
Johann Eccard: Übers Gebirg Maria geht
Ēriks Ešenvalds: Magnificat
Harfe: Katrin Unterlercher: Lieblingswalzer
Johann Eccard: Vom Himmel hoch, da komm ich her
Eric Whitacre: Lux aurumque
Harfe: Katrin Unterlercher: Irish breath
Johann Eccard: Ich steh an deiner Krippen hier
Ēriks Ešenvalds: Nunc dimittis
Harfe: Berta Höller: Menuett aus Arbesbach
Heinrich Kaminski: Drei weihnachtliche Liedsätze
Maria durch ein Dornwald ging; Lasst uns das Kindelein wiegen; Joseph lieber Joseph mein
Harfe: Karin Schroll: Hochberger Harfenweis
Johann Eccard: In dulci jubilo
Urmas Sisask: Benedictio
Zugabe: Martin Dreßler: Es ist ein Ros entsprungen, Harfe: Berta Höller: WintertraumMusikzeit:

KONZERTBESCHREIBUNG
Advent 2022: Seit fast einem Jahr ist wieder Krieg in Europa, ein Umdenken der Werte, neue Knappheit hier wie in den ärmeren Erdteilen beschatten das Leben, das auch ohne solche globale Eskalationen manchmal schwer auszuhalten ist. Und so kreist das Programm des Amadeus-Chores um Licht, das Licht der Hoffnung: In die Dunkelheit unserer Tage und Gemüter werden Töne, Harmonien, Lichter ausgesandt, die erhellen und wärmen und auf das Fest des Friedens einstimmen sollen. Brennt ja doch die Frage, wie wird Frieden, in uns und um uns und durch uns, und was bleibt davon, wenn die Weihnachtskerzen abgebrannt sind?

So bezieht sich die Konzert-Überschrift auf das bekannte Vokalwerk des amerikanischen Komponisten Eric Whitacre (geb.1970). Dieser ließ ein kurzes Gedicht, das er Edward Esch zuschrieb, von Charles Anthony Silvestri ins Lateinische übersetzen und schuf daraus im Jahr 2000 ein zartes Klanggeflecht für a cappella Chor und widmete es Jo-Michael Scheibe. Whitacre selbst führte das Stück auf YouTube mit einem Virtual Choir von 185 Choristen aus 12 Ländern auf. Der Amadeus-Chor gewann übrigens mit seiner Adaption auf der CD ‚Amerikanische Chormusik’ den 2. Platz beim
renommierten CARA Award 2009.

Im Wechsel mit der Harfenistin Marianne Erhard werden neben ‚Lux aurumque‘ weitere bekannte Advents- und Weihnachtslieder aufgeführt, alte und neuere Meister im Wechsel, so dass durch diesen Kontrast ihre jeweilige
Besonderheit zur Geltung kommt: aus der zeitgenössischen sehr lebendigen baltischen Musikszene, von dem alten Meister Johann Eccard (1553-1611), der unter dem Einfluss Orlando di Lassos in seinen Chorsätzen Volkstümlichkeit mit hoher satztechnischer Raffinesse verband und schließlich von Heinrich Kaminski (1886-1946).

Zu Beginn erklingt von Vytautas Miškinis (geb. 1954 in Vilnius, Litauen) die achtstimmige Motette ‚O nata lux‘ (2010). In diesem Text eines anonymen Verfassers aus dem 10.Jh. wird die Weihnachtsbotschaft mit der Metapher Licht verbunden und Miškinis gelingt es, etwas von diesem Strahlen musikalisch in den Raum zu stellen.

In einer zweiten Komposition von Miškinis, Cum ortus, evozieren die im Text nebeneinander gestellten Bilder überwältigende Freude, übersetzt aus dem Lateinischen: Wenn die Sonne am Himmel aufgegangen ist, werdet ihr den
König der Könige sehen, der aus dem Vater hervortritt wie der Bräutigam aus seinem Schlafgemach. Eine solche Übereinanderschichtung unterschiedlicher Bilder, die je eigene Assoziationen auslösen, bietet auch Ola Gjeilos: Northern lights. Gjeilo, 1978 in Norwegen geboren, vertont lateinische Verse aus dem alttestamentlichen Hohelied der Liebe: die Gewalt schöner Augen, lieblich und zugleich schrecklich machtvoller als Heere. Darüber legt Gjeilo den Titel:
Northern Light, und stellt so einen Bezug her zum Zauber der Nordlichtern seiner Heimat.

Es folgt der erste der drei alten 5-stimmigen Sätze, die alle von Johann Eccard komponiert sind: ‚Nun komm der Heiden Heiland‘, ein Adventslied von Martin Luther, das auf einen Text von Ambrosius zurückgeht. Nach Whitacres titelgebender Komposition, die oben schon erwähnt wurde, erklingt Eccards bekannter Chorsatz „Übers Gebirg Maria geht“ (1575). Entstanden nach einem Text von Ludwig Helmbold, wird eine Gebirgslandschaft vor Augen gestellt: Maria, guter Hoffnung, ist auf dem Weg zu Elisabeth. Der volkstümliche Text ruft auf zur Bewegung, zu Aufbruch und
Freude. Im Lukasevangelium folgt dieser Szene das sog. Magnificat, das viel vertonte und liturgisch wichtige Loblied der Maria.

Und so schließt sich im Konzertprogramm die zeitgenössische Vertonung des Magnificat von Ēriks Ešenvalds (geboren 1977 in Priekule, Lettland) an. Dietrich Bonhoeffer schrieb zu dem zugrundeliegenden biblischen Text (Lk1,46ff): „Dieses Lied der Maria ist das leidenschaftlichste, wildeste, ja man möchte fast sagen revolutionärste Adventslied, das je gesungen wurde… ein hartes, starkes, unerbittliches Lied von stürzenden Thronen und gedemütigten Herren dieser Welt“. Ešenvalds lotet in seiner Vertonung die Spannung zwischen zartem und großem Klang aus. Polyphon, polyrhythmisch, mit übereinander geschichteten selbständigen Stimmen beeindrucken die Drei weihnachtlichen Liedsätze (1928) von Heinrich Kaminski. Obwohl er die Tonalität nicht aufgab, war Kaminski
einer der wenigen deutschen Komponisten, die Arnold Schönberg sehr schätzte. Kaminski war mit den Malern Franz Marc und Emil Nolde befreundet. Schüler seiner Meisterklasse für Komposition waren u.a. Carl Orff
und Reinhard Schwarz-Schilling.

Obwohl Kaminskis Werke auch in der NS-Zeit überwiegend positiv aufgenommen wurden, zog er sich nach der Machtübernahme immer mehr zurück. 1938 wurde er zum Halbjuden, 3 Jahre später zum Vierteljuden erklärt und floh in die Schweiz. Der erste der drei Sätze von Kaminski vertont klangschön und lebendig das bekannte Weihnachtslied: Maria durch ein Dornenwald ging (vor 1850). Ursprünglich war es ein Wallfahrtslied. Der Dornenwald als Sinnbild der Unfruchtbarkeit und des Todes fängt beim Vorübergehen an zu leben: Geheimnis der Menschwerdung Gottes.
Auch ‚Lasset uns das Kindlein wiegen‘ (vor 1842) und schließlich‚ Joseph, lieber Joseph mein‘ (vor 1400) sind bekannte Volksweisen. Letztere wurde nach der Melodie ‚Resonet in laudibus‘ als Quempas gesungen, so auch in
Kaminskis Satz. Beide Lieder erinnern an den Weihnachtsbrauch des Kindelwiegens, der im 12. Jh. entstand. Dazwischen erklingt im Satz von Eccard das innige Weihnachtslied von Paul Gerhard: „Ich steh an deiner Krippen hier“.

Von Ešenvalds schließt sich: „Nunc dimittis“ an. Benannt nach den lateinischen ersten Worten, ist dies der sog. Lobgesang des alten Simeon (Lk.2,29ff), nachdem er den acht Tage alten Jesus bei dessen Beschneidungsfest im Tempel gesehen hat.

Zum Abschluss folgt ‚Benedictio’ des Zeitgenossen Urmas Sisask (1960 in Estland geboren). Es ist eine beschwörende Vertonung der trinitarischen Segensformel. Sisask’s Kompositionen sind inspiriert von Gregorianik, Barock, baltischen Folktraditionen und nicht zuletzt seiner Faszination durch Astronomie. Er versteht sich auch als Umkodierer kosmischer Harmonie. In Benedictio (für 8 Chorstimmen) kombiniert er ein wechselndes RhythmusFundament mit starken Akkordfolgen und einer fast ekstatischen Sopranmelodie, die strahlende Höhen einbindet.

Friederike Scharrer